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Jonathan Normand und Aurélien Demaurex sprechen über die B Corp-Bewegung

In diesem neuen Format "B Exchange" trifft Jonathan Normand, Gründer und CEO von B Lab Schweiz, die Geschäftsführer:innen verschiedener B Corps, um über ihre Geschäftsmodelle, ihre Erfahrungen als B Corps, die Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert sind, sowie ihre zukünftige Vision für ihre jeweiligen Branchen zu diskutieren. Im März 2023 hat Ecorobotix, ein engagiertes Startup, seine B Corp-Rezertifizierung erhalten und seinen Score von 80,3 im Jahr 2019 auf 112 im Jahr 2023 erhöht. Jonathan Normand hatte die Gelegenheit, sich mit Aurélien Demaurex, CFO und Mitbegründer von Ecorobotix, auszutauschen und diesen bedeutenden Moment im kontinuierlichen Verbesserungsprozess der B Corp-Zertifizierung genauer zu beleuchten.


JONATHAN NORMAND: Hallo Aurélien und danke für dieses Gespräch! Kannst du uns zum Start erklären, wie sich Ecorobotix, im Bereich der Technologie für Landwirtschaft seit seiner Gründung entwickelt hat? Was waren die wichtigsten Meilensteine in eurer internen Entwicklung und wie haben diese die aktuelle Ausrichtung eures Unternehmens beeinflusst?

Aurélien Demaurex: Hallo Jonathan, lass es mich so erklären: Nach einigen Jahren der Entwicklung haben die Mitbegründer von Ecorobotix, Steve Tanner und ich, das Unternehmen mit einem InnoSuisse-Forschungsprojekt gestartet und unseren ersten Mitarbeitenden eingestellt. Im Jahr 2016 haben wir einen ersten Prototypen herausgebracht, gefolgt von Tests von etwa einem Dutzend autonomer Roboter in der Schweiz. 2019 erhielt Ecorobotix seine erste B Corp-Zertifizierung für unser Engagement in den Bereichen der sozialen und ökologischen Verantwortung, rechtlicher Verantwortung und Transparenz. Diese Zertifizierung wurde, wie du weisst, dieses Jahr erneuert. 2021 hat das Unternehmen sein erstes kommerzielles Produkt, ARA, einen ultrapräzisen Sprüher, auf den Markt gebracht, der den Einsatz von Pestiziden um bis zu 95% reduziert und die CO2-Emissionen erheblich verringert. Seitdem haben wir ein schnelles Wachstum erlebt, das Managementteam im Jahr 2021 konsolidiert und Anfang 2023 eine Finanzierungsrunde von 52 Millionen Dollar abgeschlossen. Diese Expansion ermöglichte es, ARA in mehreren Ländern einzuführen, beginnend in Europa, gefolgt von Südamerika, dann Kanada und demnächst in den USA. Derzeit beschäftigt das Unternehmen etwa 90 Mitarbeitende und vertreibt ARA in fast 15 Ländern weltweit.

Bei Ecorobotix arbeiten wir ständig daran, unsere Technologie weiterzuentwickeln, indem wir unsere vorhandenen Algorithmen verbessern und neue integrieren, um den Anforderungen einer Vielzahl von Kulturen gerecht zu werden. Das Hauptziel unseres Unternehmens bleibt es, die Landwirtschaft zu revolutionieren, wobei der Schwerpunkt auf dem Schutz der Umwelt durch Reduzierung des Chemikalien- und Energieverbrauchs, der Verringerung von CO2-Emissionen und dem Schutz der Biodiversität von Pflanzen und Böden liegt.

J.N: Es ist faszinierend, wie durchdacht eure Vision bereits zu Beginn von Ecorobotix war. Euer Start auf Basis eines InnoSuisse-Forschungsprojekts zeigt die entscheidende Rolle der Grundlagenforschung bei der Schaffung grosser Innovationen. Eure Mission ist klar: Die Kombination von technologischen Fortschritten mit dem Umweltschutz ist der Schlüssel für eine nachhaltigere Zukunft. In diesem Zusammenhang, wie gewährleistet Ecorobotix seine internationale Entwicklung? Welche Strategie habt ihr entwickelt, um effiziente Beziehungen zu euren Partner:innen, Kund:innen und anderen Interessengruppen weltweit zu pflegen?

A.D: Wir legen grossen Wert auf die Qualität unserer Beziehungen zu unseren Partner:innen und machen ihre Zufriedenheit zu unserer obersten Priorität. Um sicherzustellen, dass unsere Kund:innen mit der Bedienung unserer Maschinen vertraut sind, bemühen wir uns, ihnen ein unvergleichliches "After-Sales-Erlebnis" zu bieten, das individuelle Unterstützung von unserem Verkaufsteam, regelmässige Software-Updates sowie Schulungen umfasst. Diese Aufmerksamkeit schenken wir übrigens allen unseren Interessengruppen, die wir unter anderem durch monatliche Berichte und Newsletter auf dem Laufenden halten.

J.N: Und wie messt ihr eure Auswirkungen, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sozial und ökologisch? Welche spezifischen Indikatoren verwendet ihr, um diese Auswirkungen im Kontext der Landwirtschaftstechnologie zu bewerten?

Unsere Technologie ermöglicht eine erhebliche Reduzierung des Einsatzes von Herbiziden, Pestiziden und flüssigen Düngemitteln (jeweils bis zu ~80-95%, ~10%, ~8%). Die Produktion dieser Chemikalien ist extrem energieintensiv und hinterlässt einen erheblichen CO2-Fussabdruck. Wir verfügen über genaue Daten zu den behandelten Hektaren, den aufgetragenen Mengen an Chemikalien und den entsprechenden Mengen, die bei einer herkömmlichen Sprühung verwendet worden wären. Unsere Daten und Berechnungsmethoden werden derzeit von externen Partner:innen validiert und werden uns in Zukunft auch ermöglichen, Emissionszertifikate zu verkaufen. Sozial setzen wir auf Nähe, Offenheit und Dialog. Unsere Politik basiert auf einem kohäsiven Teamgeist und starken gemeinsamen Zielen. Wir widmen unserer Community Zeit, indem wir beispielsweise einen Tag im Jahr einem Communityprojekt mit positiven Auswirkungen widmen (Arbeit mit Landwirt:innen, Förster:innen, Umweltschutz). Gleichzeitig lassen wir uns von der B Corp-Community und verschiedenen nationalen Projekten aus der B Corp Bewegung inspirieren. Wir haben unsere Registrierung im STI-Verzeichnis begonnen (Anmerkung: Ecorobotix ist nun im STI-Verzeichnis eingetragen) und unser Vorstand ist ein integraler Bestandteil der “Swiss Boards for Agenda 2030”-Allianz.

J.N: Eure Technologie ist wirklich ein grosser Fortschritt für die nachhaltige Landwirtschaft! Und dass ihr euch an den Emissionsgutschriften beteiligt, zeigt, dass ihr euch für den grünen Wandel einsetzt. Es ist ein Privileg, Akteur:innen wie euch zu haben, die bereit sind, sich zu engagieren. So wie eure jüngste Beteiligung am Rechtsstatusprojekt für nachhaltige Unternehmen. Hattet ihr in eurer Branche und als Start-up dennoch Probleme? Und falls ja, wie habt ihr es geschafft, diese zu überwinden?

A.D: Natürlich stand unsere Start-up-Firma vor den gleichen Herausforderungen wie alle Start-ups: Finanzierung, Teambildung, Produkt-Markt-Anpassung, Geschäftsentwicklung, Wettbewerbsmanagement, etc. Für Ecorobotix bedeutete die Anpassung an den Markt, die ursprüngliche Idee eines vollständig autonomen Roboters aufzugeben und seine Technologie in ARA, einen von einem Traktor gezogenen Ultra-Hochpräzisionssprüher, zu integrieren. Dann haben wir eine solide Finanzierungsbasis erreicht, insbesondere im letzten Jahr, was für unser Unternehmen einen Wendepunkt darstellte. Wir konnten auch ein grösseres Team einstellen, mittlerweile sind es rund 90 Mitarbeitende. Letztes Jahr, 2022, haben wir uns verdoppelt, aber die schwierigste Herausforderung war, sich vom Wettbewerb abzuheben. Es ist immer schwierig für junge Unternehmen, die grossen Player zu überholen. Wir müssen beweisen können, dass unsere Technologie besser ist und je nach Anwendungsbereich Vorteile hat.

J.N: Deine Erfahrungen mit Ecorobotix sind wirklich inspirierend. Trotz der universellen Herausforderungen für Start-ups habt ihr mit der Neuausrichtung auf ARA Flexibilität gezeigt. Dies unterstreicht, wie wichtig Anpassungsfähigkeit ist, um am Markt bestehen zu bleiben. Und sich innerhalb eines Jahres zu verdoppeln, ist an sich schon eine bemerkenswerte Leistung! Was mich besonders beeindruckt, ist eure Entschlossenheit, trotz des Wettbewerbs weiterhin zu innovieren. Es ist diese Hartnäckigkeit und der Wille, den Mehrwert eurer Technologie zu zeigen, der Ecorobotix zu einem führenden Player in seiner Branche macht. Weiter so! Was die Entwicklung angeht, wie hat deiner Meinung nach die B Corp-Zertifizierung eurem Unternehmen bisher geholfen?

A.D: Das Erhalten der B Corp-Zertifizierung hat unser Unternehmen gewandelt. Es ermöglicht uns, als Kraft für postive Veränderung zu wachsen und gleichzeitig nachhaltiges Wachstum zu fördern. Die B Corp-Zertifizierung signalisiert Kund:innen, Investor:innen und Stakeholdern klar, dass das Unternehmen entschlossen ist, über reine Gewinnbestrebungen hinaus einen positiven Einfluss zu nehmen. Sie steht für ein Engagement für soziale und ökologische Verantwortung. Viele Verbraucher:innen sind sich heute über den sozialen und ökologischen Einfluss ihrer Einkäufe bewusst. Die B Corp-Zertifizierung kann genau diese ethischen Verbraucher:innen anziehen, die Unternehmen bevorzugen, die ihre Werte teilen. Ein B Corp-zertifiziertes Unternehmen zu sein, macht unser Unternehmen auch für Mitarbeitende attraktiver, die für eine Organisation arbeiten möchten, die Wert auf Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung legt. Abschliessend, bedeutet ein B Corp zu sein, sich einer Bewegung anzuschliessen und täglich Unterstützung für unsere Projekte mit positiver Wirkung zu erhalten. Das B Corp-Netzwerk ermöglicht es uns, wertvolle Beziehungen und Kooperationen aufzubauen, um den sozialen und ökologischen Einfluss unserer Geschäftsaktivitäten zu stärken.

J.N: Die Entscheidung, die B Corp-Zertifizierung zu erhalten, zeigt, dass eure Vision über reine Rentabilität hinausgeht. Es ist eine Anerkennung eures Engagements für Nachhaltigkeit und soziale und ökologische Verantwortung. Und die Idee, mit der B Corp-Community zusammenzuarbeiten und von ihr zu lernen, um eure positive Wirkung zu steigern, verkörpert wirklich den Geist der B Corp-Bewegung. Ihr habt die Erwartungen derjenigen erfüllt, die mehr Wert auf ethische Praktiken legen, und ihr zieht mit Sicherheit Mitarbeitende an, die diese Vision teilen. Im Hinblick auf eure Zukunftsvision, insbesondere in einem so wichtigen Bereich wie der Technologie für die Landwirtschaft, welches sind deiner Meinung nach die grössten Herausforderungen, denen ihr in Zukunft gegenüberstehen werdet? Wie plant ihr, diese anzugehen, um das Wachstum und die Nachhaltigkeit eures Start-ups zu gewährleisten?

A.D: Der landwirtschaftliche Sektor steht vor vielen Herausforderungen und Veränderungen: Klimawandel, Arbeitskräftemangel, Einführung neuer Technologien, Druck von der Regierung, den Medien und den Verbraucher:innen, Datenschutz und Privatsphäre usw. Der Klimawandel bleibt eine erhebliche Bedrohung für die Landwirtschaft weltweit. Die Zunahme von Häufigkeit und Intensität extremer Wetterereignisse, wie Dürren, Überschwemmungen und Stürmen, kann zu Missernten, Viehverlusten und Schäden an der landwirtschaftlichen Infrastruktur führen. Die Einführung von Technologien wie unserer kann den Einsatz von Chemikalien sowie die CO2-Emissionen reduzieren und so die negativen Auswirkungen des Klimawandels auf den Sektor und die Welt im Allgemeinen verlangsamen oder erheblich verringern (die Landwirtschaft ist für etwa 20% der globalen Emissionen verantwortlich). Landwirtschaftliche Technologien wie die unsere begegnen auch dem Rückgang der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte durch Automatisierung bestimmter Aufgaben (wie autonome Unkrautbekämpfung). Eine Investition in neue Technologien kann für eine:n Landwirt:in ziemlich kostspielig sein. Mit unserem Ultra-Hochpräzisions-Sprühgerät ARA bieten wir eine wettbewerbsfähige Lösung an, und aufgrund der erheblichen Einsparungen bei den Chemiekosten können Landwirt:innen mit einer Amortisation innerhalb weniger Jahre rechnen. Um die Entwicklung und Nachhaltigkeit unseres Start-ups zu gewährleisten, werden wir weiterhin den Schwerpunkt auf die ständige Verbesserung unserer Technologie legen, starke Partnerschaften mit Schlüsselakteur:innen der Branche aufbauen und auf die Bedürfnisse der Landwirt:innen hören, um unser Angebot entsprechend anzupassen.

J.N: Aurélien, danke, dass du deine Sichtweise und dein Verständnis für die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen in der Landwirtschaft geteilt hast. Was du berichtest, ist sowohl beunruhigend als auch beruhigend. Beunruhigend aufgrund der gewaltigen Herausforderungen, denen sich die Landwirtschaft gegenübersieht, aber es ist beruhigend zu sehen, dass Unternehmen wie eures bereit sind, innovative Lösungen zu finden. Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft sind zweifellos beunruhigend. Darüber hinaus zeigt euer Interesse an der Automatisierung zur Bewältigung des Arbeitskräftemangels eine echte Antizipation der Bedürfnisse. Euer Bestreben, eine umweltfreundliche und finanziell zugängliche Lösung anzubieten, ist genau das, was die Branche sucht. Macht weiter so, bleibt auf die Bedürfnisse der Landwirt:innen eingestellt und innoviert entsprechend. Bravo für dieses Engagement!

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