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Rechtlicher Rahmen für die nicht-finanzielle Berichterstattung: Pflichten für Schweizer Unternehmen

November 2022


Die Berichterstattung, d.h. die Praxis der öffentlichen Berichterstattung über die Unternehmensführung, die Leistung und die Auswirkungen eines Unternehmens, konzentrierte sich in der Vergangenheit auf die finanzielle Leistung eines Unternehmens. Seit einigen Jahren wird die Berichterstattung auch auf die nicht-finanziellen Merkmale der Unternehmenstätigkeit ausgedehnt.

Seit Anfang 2022 sind grosse Schweizer Unternehmen verpflichtet, über eine bestimmte Anzahl von nicht-finanziellen Aspekten ihrer Aktivitäten zu berichten. Ende November 2022 verabschiedete der Bundesrat eine neue Verordnung über Klimadeklarationen für grosse Unternehmen, die am 1. Januar 2024 in Kraft treten wird. Diese Art von Verpflichtung nimmt zu und betrifft tendenziell immer mehr Unternehmen.


Welche Berichtspflichten haben Schweizer Unternehmen zu erfüllen? Wie ist der aktuelle Stand der geltenden Vorschriften und welche neuen Vorschriften kommen hinzu?



5 Fragen an Bernard Vischer und Giulia Marchettini, Schellenberg Wittmer:


Was sind die treibenden Faktoren hinter der Zunahme der Vorschriften zur nichtfinanziellen Unternehmensberichterstattung?

Dieser Aufschwung ist auf eine Kombination verschiedener Faktoren zurückzuführen. Die wichtigsten davon sind:(i) die steigende Nachfrage des Marktes nach nachhaltigen Investitionen und (ii) das wachsende Bewusstsein der Finanzwelt für die Bedeutung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG). Die Bedeutung von ESG-Kriterien geht mittlerweile über ethische Aspekte hinaus und umfasst auch Überlegungen zur finanziellen Rendite und zum Risikomanagement von Unternehmen.

Inwiefern sind die neuen Vorschriften in der Schweiz ein Zeichen für einen Paradigmenwechsel in Bezug auf die gesellschaftliche und/oder treuhänderische Verantwortung der nationalen Unternehmen?

Wie ist die Schweiz aus gesetzgeberischer Sicht in diesen Fragen positioniert? Ist sie im Vergleich zu anderen Rechtsordnungen eher ein Vorreiter oder ein Verfolger?

Inwiefern werden die vorgeschlagenen Regelungen eine Berichterstattung anstreben, die auf dem Konzept der doppelten Wesentlichkeit oder kontextbezogenen Wesentlichkeit beruht, d. h. eine Berichterstattung, die sich nicht nur auf die Risiken für die Finanzen des Unternehmens konzentriert, sondern auch auf die Auswirkungen des Unternehmens auf die menschlichen und ökologischen Ressourcen?

Inwiefern können diese letzten Regelungen ein Risiko für die Wettbewerbsfähigkeit von Schweizer und/oder europäischen Unternehmen darstellen?

 

Schweizer Gesetze

Jüngste Volksinitiativen fordern mehr Transparenz von Unternehmen in Bezug auf ihre gesellschaftlichen Auswirkungen, darunter die Initiative Responsible Business, die im November 2020 abgelehnt wurde. Die Gegeninitiative hat jedoch die Einführung von Gesetzen ermöglicht, um die Berichterstattung über nicht-finanzielle Auswirkungen von Schweizer Unternehmen zu standardisieren. Gesetze im Obligationenrecht und spezielle Rundschreiben beinhalten diese Verpflichtungen, die von der Sorgfaltspflicht bis zur Veröffentlichung von Berichten reichen.



Ausländische Gesetze mit Anwendung für Schweizer Unternehmen.

Auch andere Länder oder Unionen haben Verpflichtungen zur Veröffentlichung von nichtfinanziellen Berichten aufgenommen. Darunter sind zum Teil auch Unternehmen, die nicht nur in dem betreffenden geografischen Raum ansässig sind, sondern auch solche, die dort lediglich tätig sind. Auf diese Weise müssen sich auch Unternehmen, die in der Schweiz ansässig und in diesen Räumen tätig sind, diesen Regelwerken unterwerfen.


Dies ist der Fall bei zwei Richtlinien der Europäischen Union, deren Berichtsrahmen auch ausländische Unternehmen einschliesst, um die Gesetze auf jedes Unternehmen anzuwenden, das in diesem Gebiet tätig ist.


Schlussfolgerung

1) Ausweitung der Vorschriften

Infolge der zunehmenden Transparenzanforderungen der Stakeholder der Unternehmen, von den Kunden bis zu den Investoren, haben sich in der Schweiz in den letzten Jahren die neuen Vorschriften zum Thema nicht-finanzielle Berichterstattung vervielfacht. Die heute für Grossunternehmen geltende Berichtspflicht wird tendenziell auch auf kleine und mittlere Unternehmen ausgedehnt.

Die Schweizer Unternehmen müssen also mit einem immer grösseren gesetzlichen Rahmen rechnen, was den Kreis der betroffenen Unternehmen betrifft, und mit immer restriktiveren Vorschriften, was die zwingend zu veröffentlichenden Inhalte oder die zu befolgenden Richtlinien betrifft.


2) Zu beachtende Normen

Die Unternehmen müssen sich daher auf die neuen gesetzlichen Anforderungen einstellen und die Einhaltung bestehender Standards in Erwägung ziehen, wie z. B. die Berichterstattung anhand des TCFD für Klimafragen oder anhand institutioneller Standards wie der CSRD der Europäischen Union oder anerkannter Standards wie der GRI.


3) Risiken im Falle der Nichteinhaltung von Vorschriften

Die Nichteinhaltung von Vorschriften kann schwere Strafen nach sich ziehen. So drohen z.B. bei Nichtveröffentlichung oder falschen Angaben im Rahmen der ausserfinanziellen Berichtspflicht für grosse Schweizer Unternehmen Bussgelder von bis zu 100.000 CHF.



Quellen
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